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Qype: Fasanen 37 Bar & Galerie in Berlin


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Berlin, 29.07.2010, 19.45 Uhr:
Vernissage von Inge Lühr im Fasanen37 @by Udo Walz

Die Einladung aus Facebook zu 19.30 Uhr entpuppt sich als Eröffnungsbeginn
irgendwannum neun oder auch zehn Uhr. Wenn der Meister kommt!

„Ist hier nicht heute die Ausstellungseröffnung von Inge Lühr ?“ frage ich jemanden vom Service. „Nein, hier ist heute eine Vernissage!“ „Aha“ sage ich, „Das ist ja nun was absolut völlig anderes“

Es war auch ganz was anderes. Keine Häppchen, nix gratis zu trinken für die
Gäste der „Vernissage“, die schon emsig die Bar belagern. Alle kennen sich. Bussi, Bussi, Bussi. Ich bekomme kein Bussi. Serviert wird nur gegen zeitgemäße Zahlungsmittel. Bargeld oder Karte. Einer fuchtelt mit einer goldenen Karte herum und geht wieder.

Man holt eine Frau, weil ich Fragen habe. Ich verstehe den Namen nicht und denke es ist die Geschäftsführerin. Es war sie nicht. Brauche sicher demnächst ein Hörgerät. Dann stellt sich heraus, es ist Frau Inge Lühr, die Fotografin,die hier ausstellt. Inge ist Semiprofi und über eine Knipse vor vielen, vielen Jahren zur Leica gekommen, wo Digital noch ein Fremdwort war und man damals emsig über das Nyquist-Shannonsche Abtasttheorem diskutierte.

Was, das kennen sie nicht?
Das Abtasttheorem besagt, dass ein kontinuierliches, bandbegrenztes Signal, mit einer Minimalfrequenz von 0 Hz und einer Maximalfrequenz fmax, mit einer Frequenz größer als 2 · fmax abgetastet werden muss, damit man aus dem so erhaltenen zeitdiskreten Signal das Ursprungssignal ohne Informationsverlust (aber mit unendlich großem Aufwand) exakt rekonstruieren und (mit endlichem Aufwand) beliebig genau approximieren kann.

Kennen sie doch unbewußt!

Das beherrschen heute wir alle, die eine Digitalknipse oder ein Handy haben. Die Digitalkamera macht das mit dem Abtasten, durch die Luft, durch die Linse auf den Chip. Den stecken wir dann in den PC und haben viele, viel Bilderchen. Ich schaffe in der viertel Stunde locker 1200. Inge nicht.
Inge knipst nicht, Inge fotografiert analog. Das kennt und kann heute von der jungen Generation kaum noch jemand. Analog heißt , man fotografiert mit einem Film. Davon läßt man Dias oder Fotos im Fotolabor entwickeln. Auf einen Film gehen nur sechsunddreißig Aufnahmen im Format vierundzwanzig mal schsunddreißig Millimeter.

Inge schafft wahrscheinlich nur ein Foto in der viertel Stunde. Manchmal braucht sie auch eine Stunde und mehr, bis das Licht richtig ist, oder der Elefant in Namibia ein Staubbad nimmt. Ich war noch nicht dort und so erzählt Inge wie sie wartet. Mit dem Oberkörper durch das Seitenfenster des Jeeps. Aussteigen is nicht, die Löwen lauern im Buschmanngras mit leerem Magen. Ich lade beim Gespräch Inge auf einen Drink ein und spendiere mir einen Tomatensaft. Schwupp, waren 13 Euro weg. Es ist alles eben anders hier. Mag sein, wenn der Udo Walz kommt, gibt es was aufs Haus, auf die Vernissage. Ich weis es nicht, ich bin dann schon fort.

Frage Inge lieber weiter aus und erfahre, dass sie, wenn sie nicht als Hausverwalterin arbeitet, oder im Chor der Lankwitzer Kantorei singt mit einer Cannon 33 weltweit fotografiert. Inges Kick beim Fotografieren ist die Zeit fest zu halten, den Moment, wie sie ihn selber bewußt und planvoll bestimmt. Die Fotos sind ihre momentanen emotional festgehaltenen Befindlichkeiten der wahrgenommenen Umwelt, die sie in erster Linie
für sich selber macht. Das es nun andere auch sehen freut sie.
Im Internet kam Inge Luehr bisher absolut nicht vor. Keiner kannte sie. Sie war ein „no name“ innerhalb der im Internet referenzierten Bilder. 1.010.000.000 In 0,13 habe ich das recherchiert. Bei der nächsten Suche müssten die von mir hier dokumentierten Fotos dabei sein, also 1.010.000.003

Fotos kritisieren, bewerten ist für mich einfach. Ich ixe und ypsilone nach folgender Methodik:

links Julian F. M. Stoeckel und...

Motiv:
(X) ausdrucksstark/ (Y) -schwach
(X) aussagekräftig/ (Y) nichtssagend
(X) anrührend/ (Y) ???
(X) ästhetisch/ (Y) abstossend
(X) Fantasie anregend/ (Y) oder eben nicht
(X) „erzählt“ eine Geschichte/ (Y) erzählt nix
(X) dynamisch/ (Y) statisch

Gestaltung/Bildaufteilung:
(X) un-/ (Y) harmonisch
(X) spannungsreich/ (Y) -los
(X) planvolle/ (Y) zufällige Bildgestaltung (goldener Schnitt usw.)
(X) räumliche Tiefe/ (Y) flach

Technik:
(X) Schärfe/ (Y) unscharf (auch Schärfeverlauf, Tiefenschärfe usw.)
(X) Kontrastbewältigung/ (Y) flau (abgesoffen, überstrahlt)
(X) Farben (Y) (Sättigung usw.)

Das hab ich früher immer so gemacht, wenn ich als meine Studenten bewertet habe. Inge bekommt von mir nur X, von den Ypsylonen bekommt sie nix und erkläre sie zur Alice Springs Newton von der Fasanenstraße.

Was zu Meckern habe ich aber auch. Die Fotos sind zu klein präsentiert, doppelt und dreifach größer wäre optimaler. Preise zu niedrig, doppelt mehr wäre besser. Keine Rituale der Berliner Kunstpräsentation wie begleitendes Musiktrallala, Trinken und Häppchen wenistens ansatzweise gratis ´ne Laudatio bis die Füße vom Stehen schmerzen.

Eine Vernissage oder Ausstellungseröffnung war das nicht Udo!

© Richard Hebstreit, oparazzi.de

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