Repair Café Berlin-Schöneberg….


Repair Café Berlin-Schöneberg

Kaputter kann es nicht werden – aber ganz!

Im Repair Café Berlin-Schöneberg werkeln seit Juni 2014 sporadisch die Ganzmacher aus dem Schöneberg Kiez. Derzeit an jedem dritten Montag im Monat. An einem kleinen runden Tisch im Eingangs/Bürobereich warten drei „Bedürftige“ mit dringendstem Reparaturbedarf. Eine Oma hat in ihrer Tasche eine kompakte Stereoanlage von Siemens dabei. Das Gerät gehört dem sechzehnjährigem Enkelchen, meint sie. Das CD Laufwerk würde stottern, klappern und die CD´s nicht öffnen. Das Enkelchen will von Oma eine neue Anlage, doch Oma meint, im Repair Café wird das eventuell wieder heile gemacht. Im Internet hat sie das recherchiert – es kostet nix – nur die Ersatzteile. Oma war clevere Lehrerin und ist schon mal ihrem Enkelchen auf Recherche bezogen internetmäßig vollkommen ebenbürtig.Sie ist auf Augenhöhe!  Nun sitzt sie am Wartetisch des Repair Café Berlin-Schöneberg und harrt auf clevere Ergebnisse.

An einem großen Tisch im Nebenraum hocken neben einigen anderen ausgebufften Reparierern, Gregor, ein Sicherheitsingenieur um die Fünfzig Jahre, der sich noch mit uralten HiFi-Kassettendeck von Technics aus den 1970er Jahren auskennt. Rund eine halbe Stunde braucht er, da hat er dieses über vierzig Jahre uralte Wunderwerk der Technik zur Hälfte in uralte Bestandteile zerlegt.

Hat den Tonabnehmer neu fix neu justiert und die Stromversorgungsschrauben rabiat fest gezurrt. Der Zusammenbau dauert ein wenig länger, dann schnurrt das HiFi-Kassettendeck wieder. Zu 90% wäre alles wieder heil, meint er. Die zehn Prozent Defizit zu den Hundert Prozent kommen von den  uralten Kassetten. Das Magnetpulver hätte sich halt von den Bändern abgeschliffen. Der Besitzer des HiFi-Kassettendecks hatte inzwischen drei Berliner Pilsner  intus und trägt glücklich mit wackelnden Beinen in einem blauen Sack sein Gerät nach Hause. In einem kleinen Plastecontainer am Eingang hat er fix noch eine kleine Spende deponiert.

Bei der Oma mit der holpernden Stereoanlage, dauert die Analyse des Schadens eines Repair Café Experten keine fünf Minuten. Im CD Laufwerk der Anlage lag eine „eragon 2 – Sound“ Raubkopie. „Das SIEMENS-Gerät ist noch top!“, meint der Reparierer und hält wohl noch ein paar Jahre. Nur geklaute CD´s kann Siemens halt schlecht lesen.

Gegenüber sitzt Rolf, ein Experte für defekte Laptops vor seiner professionellen Antistatikmatte mit einem in wenigen Minuten auseinander geschraubtem Laptop. Sein Befund ist bitter, aber kompetent. „Mainboard Existus!“ Den zweieinhalbjährigen Laptop, sollte man entsorgen, postuliert er. Die Festplatte mit den Daten hat er gerettet und empfiehlt ein kleines USB Gerät, mit dem man an jedem beliebigen PC die alten Daten von dem mausetoten Laptop auslesen kann.

Daneben hat Julian, ein Künstler, ein Dampfbügeleisen ganz rabiat auseinander genommen. Der Stellknopf würde wackeln, sagt der Besitzer des Dampfbügeleisens. Julian meint dann, der Stellknopf ist ein wenig eine Fehlkonstruktion. Ein Nippelchen hätte sich da abgenutzt. „Funktionelle Obsoleszenz“ wäre das! (de.wikipedia.org/wiki/Ob…)
Ein weiterer spezieller „Professor“ für „Funktionelle Obsoleszenz“ nimmt das Bügeleisen dann in die Mangel. Dann funktioniert das Bügeleisen wieder. Die Reparierer sind kompetente  „FREAKS“, die ihre Freizeit opfern und SHARE ÖKONOMIE betreiben. (de.wikipedia.org/wiki/Sh…). In einer Ecke glüht ein Laptop mit Zugang zum Internet. Mit wenigen Klicks, ist man da in der Mitte von weltweiten Bedienungsanleitungen, egal woher.

Auf eine Nachfrage nach kuriosen Reparatur-Ereignissen der ersten Wochen bekomme ich von den BUND Mitarbeitern, die das Repair Café Berlin-Schöneberg betreiben, ein kurioses Statement eines renommierten und sehr potenten Elektronikmarktes in Berlin vermittelt. Es ging da um ein Rührgerät, was nicht mehr reparierbar wäre. Ein entnervter SERVICE-Mitarbeiter verwies dort als letzte Rettung auf das „Repair Café Berlin-Schöneberg“. Pointe: Das Rührgerät wurde gerettet!

Zwei Meter daneben geht es um eine defekte Pendeluhr im Holzgehäuse aus den Zwanziger Jahren. Der momentane Besitzer hatte die Federn des Uhrwerkes und des Läutwerks ungeschickt überdreht und abgerissen. Um die 100 Euro sind die Kosten der Reparatur pro Feder bei einem Uhrmacher ahne ich. Diese Reparatur im klappte nicht. Ein wenig Kompetenz fehlte. Man fängt an, die erste hintere Etage des Uhrwerkes zu zerlegen. Man ahnt  aber auch, in wenigen Stunden kann man das eventuell  ja auch lernen, Großuhrwerksfedern von 1850 bis 1935 zu reparieren.
Man braucht die Reihenfolge der Demontage und einen Gasbrenner, der die Enden der Federn ausglüht und neu in das Federgehäuse wickelt.

Uhrmacher mögen aussterben, Freaks, die das semiprofessionell können, das wie eine Dampflokomotive zu reparieren, wird es hoffentlich in Zukunft noch weiter geben!

© 2014 Richard Hebstreit
rhebs.de

Fotos:

http://www.yelp.de/biz/repair-caf%C3%A9-berlin-sch%C3%B6neberg-berlin

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